Der Entfernungs- und Nachtzuschlag bei Expresssendungen in der Schweiz

(Weitergeleitet von 1. September 1919)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Der Entfernungs- und Nachtzuschlag bei Expresssendungen in der Schweiz

Bestandteil jeder postgeschichtlichen Sammlung, die Portostufen und Versendungsarten thematisiert, ist die Dokumentation von Expressbelegen. Kaum beachtet wird dabei jedoch, dass neben der üblichen Expressbestellung Sonderformen existierten. Solche Sonderformen waren - die Expressbestellung über weitere Entfernungen (sog. Entfernungs- oder Distanzzuschlag) - die Bestellung per Expressen zur Nachtzeit und dies mit jeweils separaten Gebührensätzen. Nachfolgend wird der Themenkomplex umfassend aufgearbeitet. Wörtlich wiedergegebene Zitate sind kursiv gedruckt. Behandelt wird in diesem Zusammenhang nur die Briefpost; für die Paketpost galten ähnliche Bestimmungen. nungen beträgt die Expreßgebühr für jede halbe Stunde oder Bruchtheil 50 Rp. Bei Entfernungen von mehr als zwei Stunden geschieht die unverzügliche Bestellung durch Stafetten, für welche die Gebühr von je 1 Franken von der halben Stunde oder Bruchtheil zu bezahlen ist. Wird die Bestellung zu Nachtzeit erfordert, so ist jeweilen das Doppelte der gewöhnlichen Taxe zu bezahlen. Die Brieftaxe muß mittelst Frankomarken vorausbezahlt werden. Dagegen ist freigestellt, die Expreßgebühr im voraus zu zahlen oder deren Zahlung dem Adressaten zu überlassen, letzteren Fall wird der Betrag der Expreßgebühr vom Postbiireau auf dem begleitenden Empfangschein ausgesetzt und vom Träger bei dem Adressaten bezogen.... Diese Bestimmungen sind teilweise ungenau, was die korrekte Behandlung betraf, und bedurften einer weiteren Konkretisierung, insbesondere für die Fragestellung, welche Zeiten im Detail als Nachtzeiten zu behandeln waren. Aus diesem Grund, aber auch, um die Expressbestellung für ein breiteres Publikum attraktiver zu gestalten, änderte die Postverwaltung die Bedingungen neun Monate später, ab dem 1. September 1868 wie folgt: - Die Expressbestellung wird auf alle Arten von Postsendungen ausgedehnt, d.h. auch auf Drucksachen, Pakete und Geldanweisungen - Aufhebung des Rekommandationszwangs - Zulässigkeit des Expressversands in die deutschen Staate-und nach Österreich/Ungarn. - Die Expressbestellung findet in der Poststelle des Bestimmungsortes nach Ankunft zu jeder Stunde statt, «Während der Nacht findet die Expreßbestellung ebenfalls unverzüglich statt, wenn die Ankunft in die Dienststunden fällt.» - Vom Augenblick der Ankunft an muss der Gegenstand, wenn die Wohnung des Adressaten nicht mehr als eine Viertelstunde entfernt ist, spätestens innerhalb von 30 Minuten zugestellt sein (bisher 40 Minuten). - Die Frankierung der Expressgebühren hat stets auf der Rückseite des Bestellscheins (Formular 242) zu erfolgen. - Bleibt die Bezahlung der Expressgebühr (und evtl. anderer Taxen) dem Empfänger überlassen, sind die zu erhebenden Taxen auf dem Bestellschein zu vermerken. - Die doppelte Expressgebühr wird berechnet: «... wenn die Bestellung zur Nachtzeit stattzufinden hat. Als Nachtzeit wird betrachtet - vom 1. Mai bis 1. September: die Zeit von 8 Uhr abends bis 5 Uhr morgens - vom 1. September bis Ende April einschließlich: die Zeit von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens.

1. Regelungen bis 31. August 1919[Bearbeiten]

Nach dem Vorbild Deutschlands und Österreich/Ungarns führte die Schweizer Bundespost ab dem 1. Januar 1868 die Möglichkeit cin, dem Empfänger Briefe auch auf beschleunigtem Weg, d.h. per Express zustellen zu lassen. Im Postamtsblatt Nr. 49 vom 22. November 1867 heisst es hierzu: 1. Versender, welche verlangen, dass ein Brief sogleich nach Ankunft am Bestimmungsorte dem Adressaten besonders zugeteilt werde, haben den Brief zu rekommandieren und auf der Adresse wörtlich die Bezeichnung: «durch Expressen» auf der linken Seite anzubringen.» ... 3. Expreßbestellung: Die Expreßbestellung ist von Seite des Postbüreaus des Bestimmungsortes unverzüglich nach Eintreffen des Gegenstandes zu jeder Stunde des Tages oder der Nacht zu besorgen, wenn auf der Adresse nicht ausdrücklich etwas Anderes vorgeschrieben ist. Der Expreßbrief muß, von der Ankunft der Sendung an gerechnet, wenn die Wohnung des Adressaten nicht über 1/4 Stunde entfernt gelegen ist, binnen spätestens 40 Minuten an denselben bestellt werden. Die Vertragung muß durch einen besonderen Boten erfolgen. Das Postbüreau der Bestimmung fügt dem Expreßbriefe einen Empfangschein bei, auf welchem dasselbe die genau Zeit der Abfertigung des Expressen und der Adressat die genaue Zeit des Empfangs durch seine Unterschrift zu bescheinigen hat. 5. Taxen: Nebst der gesetzlichen Taxe der rekommandierten Briefe wird eine Expreßgebühr von 30 Rappen berechnet, wenn die Wohnung des Adressaten von dem bestellenden Postbüreau nicht über eine Viertelstunde entfernt ist; bei größeren Entfernungen beträgt die Expreßgebühr für jede halbe Stunde oder Bruchtheil 50 Rp. Bei Entfernungen von mehr als zwei Stunden geschieht die unverzügliche Bestellung durch Stafetten, für welche die Gebühr von je 1 Franken von der halben Stunde oder Bruchtheil zu bezahlen ist. Wird die Bestellung zu Nachtzeit erfordert, so ist jeweilen das Doppelte der gewöhnlichen Taxe zu bezahlen. Die Brieftaxe muß mittelst Frankomarken vorausbezahlt werden. Dagegen ist freigestellt, die Expreßgebühr im voraus zu zahlen oder deren Zahlung dem Adressaten zu überlassen, letzteren Fall wird der Betrag der Expreßgebühr vom Postbiireau auf dem begleitenden Empfangschein ausgesetzt und vom Träger bei dem Adressaten bezogen.... Diese Bestimmungen sind teilweise ungenau, was die korrekte Behandlung betraf, und bedurften einer weiteren Konkretisierung, insbesondere für die Fragestellung, welche Zeiten im Detail als Nachtzeiten zu behandeln waren. Aus diesem Grund, aber auch, um die Expressbestellung für ein breiteres Publikum attraktiver zu gestalten, änderte die Postverwaltung die Bedingungen neun Monate später, ab dem 1. September 1868 wie folgt: - Die Expressbestellung wird auf alle Arten von Postsendungen ausgedehnt, d.h. auch auf Drucksachen, Pakete und Geldanweisungen - Aufhebung des Rekommandationszwangs - Zulässigkeit des Expressversands in die deutschen Staate-und nach Österreich/Ungarn. - Die Expressbestellung findet in der Poststelle des Bestimmungsortes nach Ankunft zu jeder Stunde statt, «Während der Nacht findet die Expreßbestellung ebenfalls unverzüglich statt, wenn die Ankunft in die Dienststunden fällt.» - Vom Augenblick der Ankunft an muss der Gegenstand, wenn die Wohnung des Adressaten nicht mehr als eine Viertelstunde entfernt ist, spätestens innerhalb von 30 Minuten zugestellt sein (bisher 40 Minuten). - Die Frankierung der Expressgebühren hat stets auf der Rückseite des Bestellscheins (Formular 242) zu erfolgen. - Bleibt die Bezahlung der Expressgebühr (und evtl. anderer Taxen) dem Empfänger überlassen, sind die zu erhebenden Taxen auf dem Bestellschein zu vermerken. - Die doppelte Expressgebühr wird berechnet: «... wenn die Bestellung zur Nachtzeit stattzufinden hat. Als Nachtzeit wird betrachtet - vom 1. Mai bis 1. September: die Zeit von 8 Uhr abends bis 5 Uhr morgens - vom 1. September bis Ende April einschließlich: die Zeit von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens.


2. Regelung ab 1. September 1919[Bearbeiten]

Mit der Verfügung Nr. 105 aus dem Jahr 1919 kam für weitere Distanzen ein neues System der Gebührenerhebung zur Anwendung: — Die bisherige Gebühr von 30 Rp. galt von nun an nur noch für Entfernungen bis 1 km von der Vertragungsstelle aus (bisher 2 km). — «Bei größeren Entfernungen beträgt die Eilbotengebühr für jeden weiteren halben km 50 Rp., Fr. 1,-, 1,25, 1,50, usw. » - Für die Eilbestellung von 9 Uhr abends an bis 7 Uhr morgens (Nachtbestellung) werden die Einbotentaxen verdoppelt. Diese Bedingungen galten einheitlich für das Stadt- und das Landgebiet. Damit wurde die Ungleichbehandlung für Bewohner mit oder ohne zentralisierten Bestelldienst beseitigt. Letzter mussten für gleiche Entfernungen oftmals doppelte so viel Stadtbewohner bezahlen. Die Formulierung zu den Entfernungszuschlägen führt beim flüchtigen Lesen schnell zu Missverständnissen, sie ist auf Grund entsprechender Belege jedoch eindeutig interpretierbar: Bei diesen Expressgebühren handelt es sich immer um Gesamtgebühren der Expressbestellung, d.h. inkl. der ersten 30 Rp. für den ersten Kilometer. Die Gesamtexpressgebühr betrug demnach:

Express-Gesamttaxe

-1               30 Rp.   
1-114 11/2-2     50 Rp.
2-214 214-3      1.-  Fr
je Y2 km mehr    1.25 Fr
                 1.50 FR
                 + 25 Rp.

3. Regelungen nach dem 1. Januar 1921: Entfernungszuschlag[Bearbeiten]

Der Bundesbeschluss vom 5. bzw. 15. Dezember 1920 führte zur erneuten Revision der Gebührenberechnung für Entfernungszuschläge. Dieses System hatte bis zur Ende April 1998 Bestand. Danach wurde seit 1921 unterschieden

a) dem ordentlichen Eilzustellkreis, der entweder einen Umkreis von 11/2 km von der Poststelle aus gemessen oder das gesamte geschlossene Stadtgebiet umfasste;
b) dem zuschlagspflichtigen Aussengebiet.

Die Gebührenentwicklung stellt sich im weiteren Zeitverlauf bis 1998 wie folgt dar:

Zeitraum	anormales	Entfernungszuschlag in	
	Expressgebühr	das zuschlagspflichtige Aussengebiet	
(bis 1,5 km oder für das ganze zentralisierte Eilbesteleebiet)		für jeden werteren e km	für jeden weiteren km
ab 01.01.1921	60 Rp.	20 Rp.	
ab 01.03.1934	40 Rp.	20 Rp.	
ab 01.01.1947	60 Rp.	20 Rp.	
ab 01.03.1948	80 Rp.	40 Rp.	
ab 01.04.1966	1,50 Fr.		1,50 Fr.
ab 01.01.1975	1,50 Fr.		3,00 Fr.
ab 01.01.1976	3,00 Fr.		2,00 Fr.
ab 01.03.1984	4,00 Fr.		3,00 Fr.
ab 01.05.1989	5,00 Fr.		
ab 03.02.1992	8,00 Fr.		

Zur Beachtung: — Erhöhung des Entfernungszuschlags von 20 auf 40 Rp. ab 1. März 1948 — Berechnung des Entfernungszuschlags ab April 1966 je 1 km (vorher je 1/2 km) — Entfernungszuschlag 3,00 Fr. ab 1. Januar 1975 gern. PostundTelegraphenamtsblatt Nr. 325/1974; ab 1. Januar 1976 wieder Absenkung auf 2,00 Fr. Ab Mai 1998 kam die Erhebung eines Express-Entfernungszuschlags nicht mehr zum Einsatz. Vom Empfänger zu begleichende Entfernungs- oder -Nachtzuschläge mussten auf der Sendung vorgemerkt werden und, sofern die Gebühren der Postkasse zufielen, auf der Sendung mit Frankomarken gedeckt werden (siehe hierzu u.a. die Betriebsvorschriften vom 1. November 1926, Nr. 1257). Umgesetzt wurde diese Vorschrift in der Praxis durch teils handschriftliche bzw. in den Städten durch teils maschinell vorgefertigte Klebestreifen. Die Deckung der Gebühren hatte im Gegensatz zur Regelung vom September 1919 ausschlies. lich mit Frankomarken zu erfolgen. Dennoch kommen vorschriftswidrig vereinzelt Taxmarken zum Einsatz.

4. Nachtzuschlag: Regelungen nach dem 1. Januar 1921[Bearbeiten]

Bis Ende 1975 wurde für die Expressbestellung zur Nachtzeit das Doppelte der Expressgebühren erhoben, danach bis Ende April 1998 nur noch die Hälfte. Mit Einführung des umorgani-sierten Expressdienstes Swiss-Express kam dann ab Mai 1998 ein möglicher Nachtzuschlag überhaupt nicht mehr in Einsatz. Als Nachtzeit galt die Zeit zwischen 20.30 abends und 7.00 Uhr morgens. In Genf, Montreux, Lausanne, Bern, Biel, La Chaux-dc-Fonds, Neuenburg, Basel, Luzern, Zürich, Schaff-hausen, Winterthur, St. Gallen, Chur und Lugano, wo der or-dentliche Telegrammbestelldienst bis 21.30 Uhr dauerte, kam der Nachtzuschlag erst ab dieser Zeit zum Tragen (s. Postord-nung 1925, S. 178). Die Ausdehnung des Telegrammdienstes auf weitere Städte führte in den Folgejahren bzw. -jahrzehnten zur Ausweitung dieser Regelung auf weitere Städte. Ab 1. Oktober 1939 galten neue Zeiten für die Erhebung des Nachtzuschlags. Als zuschlagspflichtige Zeiten wurde von nun an die Zeit zwischen 21.00 Uhr abends und 7.00 Uhr morgens festgelegt (vorher ab 20.30 Uhr bis 7.00 Uhr). Im Zeitverlauf bis Ende April 1998 galten folgende Bestimmungen:

Zeitraum	Zeit für Nachtzuschlag Verlängerung bis zum Ende des ordentl. Telegrammzustelldienstes
ab 01.01.1921	20.30-7.00	—
ab 01.10.1925	dito.	bis 21.30
ab 01.07.1930	dito.	bis 21.00 oder 21.30 (je nach Ort)
ab 01.10.1939	21.00-7.00	bls 21.30

5. Kombination aus Entfernungs- und Nachtzuschlag[Bearbeiten]

Basis für die Berechnung des Nachtzuschlags war stets die Expressgebühr für die gesamte Wegstrecke, d.h. immer inkl. eines eventuell anfallenden Entfernungszuschlags. Belege, bei denen sowohl ein Entfernungs- als auch ein Nachtzuschlag zu erheben war, dürften absolute «Leckerbissen» sein.


Quellen[Bearbeiten]

  • Robert Fürbeth, CPhH; Der Entfernungs und Nachtzuschlag bei Expressendungen in der Schweiz. SBZ 9/2011