Warenbegleitbriefe

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Warenbegleitbriefe für den Transport von Waren und Geldpost auf dem Zürichsee vor der Eisenbahnsera im 19. Jahrhundert.


Der abgebildete Begleitbrief aus dem Jahre 1857 trägt den Vermerk: Durch Schiffleute im Lohn, sodann den ovalen blauen Stempel Bestäterey in Zürich. Bei den Bestätern handelte es sich um zwei je auf 6 Jahre gewählte Beamte. Ihre Aufgabe ist in der "Kauf und Waghaus-Ordnung" vom 14. Brachmonat (Juni) 1834 unter Paragraph 17 wie folgt festgehalten: "Die Bestäter haben eine genaue Controle sowohl über die ab- als aufzuladenden Güter und die dabei zu beziehenden Taxen zu führen. Sie sind verpflichtet, denjenigen Kaufleuten welche in der Stadt Comptoirs halten, soviel persönlich von den jeweiligen Verladungs-Gelegenheiten nach den benachbarten Ländern, sowohl als nach den Handels-Städten der Schweiz mit möglichster Beförderung jedesmal Anzeige zu machen. Der Regel nach, und abwechselnd, soll der eine Bestäter in der grossen Stadt und der andere in der kleinen Stadt Rapport machen. Ihnen liegt ob dafür zu sorgen, dass die Fuhrleute die Fracht möglich billig ansetzen, die Frachtbriefe von ankommenden Waren bei den Kaufleuten abzugeben, die Frachten einzuziehen und dem Fuhrmann zu Handen zu stellen. Nach Ankunft von Fuhrleuten, die hier aufladen, alsobald bei den in der Stadt wohnenden Kaufleuten den Umgang zu machen, die Frachtbriefe bei denselben abzuholen, die Ladkarten auszu- fertigen und den Fuhrleuten ausführliche Rechnung zuzustellen. Die Besoldung des Bestäter-Amtes beträgt für alles Gut 1 kr. pro Centner für das Abladen und 2 kr. für das Aufladen. Diese Einnahmen werden in eine gemeinsame Kasse gesammelt, und nachdem aus derselben die jährlichen sämtlichen Bureau-kosten und Löhne der Unter-Bediensteten bestritten worden, wird der Ueberrest zu gleichen Teilen unter die beiden Bestäter verteilt." Als Illustration der Geldsendungen zeigen wir einen Begleitbrief für eine solche Sendung aus dem Jahre 1829.


Sie ist vom Factor Fugli unterzeichnet für ein versiegeltes Group mit 800 Talern, wofür er 1 Gulden (fl.) Spesen verrechnete. Es dürften in diesem Zusammenhang noch einige historische Belange über die Schiffahrt und den Transport um Zürich und den Zürich-see von Interesse sein: Am Anfang des 17. Jahrhunderts sperrte Mailand die Bündner-pässe was zur Folge hatte, dass die Transporte über den Gott-hard gingen. Von Zürich aus wurde dazu der Seeweg nach Horgen, Wädenswil oder Richterswil gewählt. Diese drei Orte unter-hielten eine sog. Sust, also einen spesenfreien Umschlagplatz. In Wädenswil gibt es noch heute einen Platz "Sustplatz" genannt. Aus einer Eingabe der Schiffleutezunft vom 30.VIII und 9. IX. 1603 an den Zürcherrat erfahren wir, dass die Zürcher diesen Verkehr Für sich beanspruchten. Die übrigen Ortschaften sollten sich hingegen auf den Lokalverkehr beschränken. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging der Verkehr zurück. - Aus Klagen der Kaufleute aus dem Jahre 1648 über schlechte Ordnung in der Oberwasser-Schiffahrt ergibt sich, dass die Spedition langsam und teuer und ausserdem ungewiss war. Der Transit Italien - Niederlande ging daher über Chur, Lindau und Augsburg-Frankfurt und nur wenn die Pässe gesperrt waren über den Gotthard. Der Verkehr Italien - Frankreich ging bei Sperrung der piemontesischen Pässe oft über Zürich und auch über den Simplon nach Genf und Lyon. An der Konferenz zu Lachen von 1721 sind verschiedene Neuerungen beschlossen worden. So sollte abwechselnd je ein Schiffmeister auf dem Schiff sein und persönlich die Aufsicht führen. Die Schiffmeister sollten für zwei Schiffe Decken anschaffen, um die kostbaren Waren zu decken usw. Die Bürg-schaft betrug 3000 Gulden. 1732 bestunden folgende Schiffahrtsberechtigungen: I. Die grosse Schiffahrt, welche Zürich, Glarus und Schwyz gemeinsam hatten und den Verkehr nach Bünden vermittelte. 2. Die Schiffahrt zu Lachen. Diese stützte sich auf ein Ab-kommen von 1579 zwischen Zürich und Schwyz. Jeder Schiffs-eigentümer konnte seine Ware selbst führen.


In der Wirtschaftsgeschichte von Wädenswil steht u.a.: Den Wädenswilern wie auch den andern Seeanwohnern blieb als wichtigstes Verbindungsmittel der See und die Schiffahrt. 15 - 20 Schiffleute besorgten den Transport von Waren und Personen nach Zürich, Rapperswil und weitern Orten. Es gab auch 12 Pilgerschifführer, die sich ausschliesslich mit dem Transport von Einsiedeln-Pilgern befassten. Zwischen den beiden Gruppen gab es im 16. Jahrhundert erbitterte Interessenkämpfe. So klagten 1738 die Pilgerschifführer, die Schiffleute hätten die 10 Jahre zuvor bestätigten Abmachungen verletzt und einen Teil der Pilger in ihren Schiffen von Zürich nach Wädenswil oder Richterswil geführt. Streit gab es in der Regel auch, wenn der See ganz oder teilweise zugefroren war. Wer musste oder durfte dann die Waren führen? Seit dem 16. Jahrhundert gab es die sog. "Ordinari" oder Gemeindeschiffleute, denen das Marktschiff und die Post anvertraut war und die regelmässig nach Zürich, Rapperswil und Lachen fuhren. Daraus entstand mit der Zeit eine Art Konzession, die mit obrigkeitlicher Bewilligung verkauft werden konnte. Auf Grund dieser Ordnung dehnten die Schiffer ihre Befugnisse weiter aus und erreichten schliesslich das alleinige Schiffahrtsrecht an den Markttagen. Dass sich die übrigen Schiffsleute dagegen wehrten ist begreiflich, weshalb die Angelegenheit 1788 an die letzte Appellationsinstanz, an den Zürcher Rat kam. Die freie Schiffahrt wurde nicht gebilligt, hingegen wurde eine teilweise Aufteilung vorgenommen. So fiel den freien Schiffsleuten u.a. das alleinige Transportrecht für Häute, Felle, gewisse Käse, Butter, Vieh, sowie Geld und Briefe zu. Diese Ordnung hatte sich bis über die Revolution hinaus er- halten und auch bewährt. ;


Literatur:[Bearbeiten]

  • Memorabilia Tigurina 1841
  • Hist.Biogr.Lexikon der Schweiz 1931
  • Ing.A.Härry, Die hist. Entwicklung der Schweiz.Verkehrswege Alb. Hauser: Wirtschaftsgeschichte der Gemeinde Wädenswil.